Am Samstag, den 23. September, ging das Unerhört Musikfilmfestival in Hamburg zu Ende. Zum Gewinner des Contests wurde Rumble: The Indians Who Rock The World, eine Doku über Charley Patton, Mildred Bailey, Jimi Hendrix und, der Filmtitel deutet es an, Link Wray.
Ein Lob der Jury erhielten Aim For The Roses, ebenfalls ein Dokumentation über einen Stunt und seine musikalische Rezeption, und Tony Conrad: Completely In The Present.
Dieser Film, 2016 erstmals aufgeführt, begleitet über einen Zeitraum von 20 Jahren das Leben und Wirken von Tony Conrad, Experimentalmusiker, Gründer der Minimalist-Bewegung, Komponist, Universitätslektor, Filmemacher, bildender Künstler und und und. Daß er die Idee zur Namensgebung von Velvet Underground hatte, ist nur eine Facette, andere, seine Mitarbeit an dem nudie Flaming Creatures, seine Zusammenarbeit mit La Monte Young und John Cale, seine Violine-Spiel, das er selbst als „the first non-bagpipe Western drone music“ bezeichnete, seine Zusammenarbeit mit Faust, sein Film The Flicker, seine Forderung, alle Komposition zu beenden. Der Film, der in 96 Minuten neben Archivmaterial Interviews mit Conrad selbst und Zeitgenossen und zahlreiche Performances bietet, ist ein gelungene Dokumentation über das Leben, Wirken und die Rezeption von Tony Conrad, an dem, wie ein kundiger Zeuge meint, kein Weg vorbeiführt, wenn man sich mit moderner Musik beschäftigt.
Der Film ist ein wunderschönes Zeugnis über einen Künstler, der in Intervention, Abweichung und Störung das Wesentliche seiner Arbeit sah, in allen Belangen Grenzen zu sprengen war sein Ziel. „I gonna make art funny, happy, energetic, joyful.“ Und er ist ein ehrendes Andenken an Conrad, der am 9. April 2016 verstarb. Und er bietet nebenbei auch wichtige Erkenntnisse über Urheberrecht, Zitation und Plagiat.
Der Film befindet sich aktuell auf Festivaltour, Termine zukünftiger Screenings gibt es auf tonyconradmovie.com, er hat mehrere Auszeichnungen erhalten. Auf seine Zweitverwertung als DVD oder Streaming wird man bei so viel Erfolg noch warten müssen. Dafür gibt es aber zahlreiche Musikeinspielungen, u.a. mit Faust unter dem Titel Outside The Dream Syndicate.
Tony Conrad: Completely In The Present. USA 2016. Drehbuch und Regie: Tyler Hubby, Produktion: Sixty Cyle Hum, Burning Bridges, Farbe/Schwarzweiß, Englische Originalfassung, 96 Minuten. Tonyconradmovie.com